Kannst du bitte heute Abend beim Firmen-Aperitif noch kurz beim servieren helfen? Solche und weitere Fragen stellen Vorgesetzte manchmal ihren Mitarbeitenden und erwarten dabei meist eine Zustimmung. Oftmals können Arbeitskräfte gar nicht anders, als zuzustimmen. Aus Verantwortungsbewusstsein. Das ist falsch. Und falls Sie sich angesprochen fühlen, zeigt dieser Text, wie Sie aus diesem inneren Konflikt herausfinden und warum es wichtig ist, Nein zu sagen, wenn ein Nein sich richtig anfühlt.

Nein sagen fällt uns schwer

Immer wieder begegne ich Menschen, die sich über sich selbst nerven, weil sie nicht Nein sagen können. «Ich kann das einfach nicht» oder «das ist eine meiner Schwächen» argumentieren sie häufig. Aber warum tun wir uns so schwer, Nein zu sagen? Für mich gibt es fünf Hauptgründe:

Menschen, fühlen sich überrumpelt von einer Situation
Jeder von uns kennt Mitmenschen, die uns sehr schnell in eine Art Drucksituation bringen können, in der wir fast nicht mehr herausfinden. Heisst, in der wir nicht Nein sagen können und dürfen. Vermutlich müssen Sie nicht einmal eine Woche zurückdenken, als Sie letztmals ein solches Erlebnis hatten und zu etwas Ja gesagt haben, das sich nicht richtig angefühlt hat. Was hilft in dieser Situation? Bedenkzeit. Unter Druck Ja sagen ist eine Flucht und eine Strategie, über die wir uns später oft ärgern. Diese Frage müssen wir uns stellen: Wie fällt die Antwort aus, wenn wir nur fünf Minuten darüber nachdenken und uns in diesen fünf Minuten mit den Konsequenzen dieses Ja-Sagens beschäftigen? Fällt die Antwort dann noch immer mit Ja aus? Erst dann haben wir richtig geantwortet.

Menschen wollen es allen recht machen
Jeder von uns hat den Wunsch, seinem Umfeld zu gefallen und gemocht zu werden. Das ist nichts Schlechtes. Doch genau dies führt dazu, dass wir Mühe bekunden, Nein zu Dingen zu sagen. Unser Glaubenssatz lautet dann: sage ich Ja, dann mag man mich. Das ist ein fataler Irrtum. Aufrichtige Beziehungen entstehen nicht auf der Basis von Handlungen, sondern auf der Basis echter Verbindungen. Achtung: Das heisst nicht, dass wir niemanden einen Gefallen tun sollen oder nie beim Aperitif aushelfen können. Aber wer uns als Mensch oder Freund wertschätzt, wird uns nicht zurückweisen, weil wir Grenzen setzen, die unsere mentale und körperliche Gesundheit unterstützen.

Menschen mögen es harmonisch
Um diese Aussage zu verstehen, drehen wir das Ding um. Viele Menschen haben nicht gerne Konflikte. Auch das ist nichts Schlechtes. Es führt aber dazu, dass wir uns nicht entwickeln. Und: Dazu, dass wir Dinge tun, die wir gar nicht tun wollen. Freunde und gute Kollegen weisen uns auch in diesem Fall nicht zurück, nur weil wir zu etwas Nein sagen. Natürlich sind sie kurz verärgert, aber durch diese Massnahme holen wir uns bei ihnen tiefen Respekt. Selber war ich vor einiger Zeit Teil eines Teams, in dem ein Mitarbeiter stets Ja sagte. Zugegeben: Auch ich habe ihn damals manchmal um einen Gefallen gebeten, den ich selber nicht ausführen mochte. Getreu dem Motto: Wir springen dort über den Zaun, wo er am tiefsten liegt. Bei diesem Kollegen wussten wir alle, dass er zu nichts Nein sagen wird. Natürlich war der Respekt ihm gegenüber bei den meisten Mitarbeitenden nicht hoch. Das ist schade. Denn: Dieser Mensch hat – wie alle von uns – enorm viele Qualitäten. Das Nein-Sagen gehörte nicht dazu.

Menschen suchen Bestätigung
Um einen Gefallen oder die Erledigung einer verantwortungsvollen Aufgabe gebeten zu werden, ist vergleichbar mit einem Vertrauensbeweis oder sogar einem Lob. Wer von uns wird nicht lieber gelobt als kritisiert? Niemand. Es bedeutet: Ich vertraue dir und glaube, dass du das kannst. Wir werden gelobt, wenn wir um einen Gefallen gebeten werden. Ganz fies wird es, wenn uns das Gegenüber noch sagt, «weisst du, es gibt niemanden, der das so gut macht wie du.» Beim Servieren des Firmen-Aperitifs eben. Bei diesem Satz werde ich speziell hellhörig. Fühlt sich in diesem Moment ein Ja nicht richtig an, dann sprecht es auf keinen Fall aus. Gerade wenn die Angst Nein zu sagen, in diesem Fall die Vertrauensbasis belasten wird.

Menschen handeln nach Gewohnheiten
Die Glaubenssätze, die wir in uns tragen, wirken. Ausnahmslos. Zwei Beispiele: «Wer seine Ziele erreichen will, muss hart arbeiten» oder «erst die Arbeit, dann das Vergnügen» Diese Sätze implizieren, dass etwas keinen Spass machen darf, wenn es ein gutes Ergebnis bringen soll. Wie die Glaubenssätze genau aussehen, ist individuell verschieden. Nein sagen passt bestens in dieses Muster der Gewohnheiten. Wir bringen Opfer und sagen Ja, weil das eine Art Norm in unserer Gesellschaft ist. Und nun kommt die Gretchenfrage: Wer leidet nun unter diesem Ja-Sagen? Genau. Einzig und alleine Sie.

Zu was sage ich Nein, wenn ich Ja sage?

Nun gut. Ich habe nun darüber geschrieben, warum wir uns so oft schwer tun, Nein zu sagen und mit was das zu tun hat. Wie können wir unser Verhalten ändern? Was können wir tun, damit wir uns mit einem Nein mehr Freiheit holen? Oder eben auch zum Nein-Sager werden. Für mich gibt es mehrere Antworten aber nur eine die schnell und effizient umsetzbar ist. Wir müssen uns in jedem Fall damit beschäftigen, was ein Ja zu irgendetwas für uns für Konsequenzen hat. Die grosse Frage lautet: Zu was sage ich Nein, wenn ich zu etwas Ja sage?

Wir bleiben beim Beispiel vom Servieren für das Aperitif. Sagt unsere Mitarbeiterin dazu Ja, dann sagt sie Nein zu der Zeit, die sie an dieser Stelle sonst hätte.
Zu Zeit mit ihrer Familie. Zu Zeit für ihr Hobby. Zu Zeit um Freunde zu treffen. Zu Zeit um sich gemütlich auf dem Sofa auszuruhen. Denn in dieser Zeit steht sie nun beim Apero und kann diesen nicht einmal geniessen, da sie als Bedienung von der Firma eingespannt wurde. Will sie das? Wenn Nein, muss sie ablehnen. Sie muss Nein sagen. Selber wurde ich exakt durch diese Methode zum Nein-Sager. Heute lehne ich vermehrt Dinge ab. Ausnahmslos fühlt sich ein Nein richtig an. Ich sage nicht Nein aus Prinzip; einfach nur dann, wenn es für mich nicht stimmt. Manchmal treibe ich es zugegebenermassen auf die Spitze: Kürzlich habe ich mich in eine Woche Urlaub verabschiedet als am letzten Arbeitstag zwei Minuten vor Urlaubsbeginn eine Kollegin fragte, ob ich nicht noch schnell eine Whats-App-Gruppe erstellen könne für ein Projekt, das wir realisieren. Da ich wusste, dass ich vor dem Erstellen von diesen zirka 30 Menschen, die Teil der Gruppe sind, vorher noch einige Telefonnummern auftreiben musste, informierte ich die Kollegin, dass es diese Whats-Gruppe erst in 10 Tagen gibt. Natürlich war sie darüber leicht verärgert. 10 Tage später als ich die Arbeit wieder aufnahm und die Gruppe realisiert wurde, gab es weiter keinen Konflikt zwischen uns. Und mein Nein auch für eine kleine Sache fühlte sich richtig an.

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Der Autor

Name: Simon Kalbermatten

Beruf: Sport Mental Coach, Ausbildner, Mentor, Radioprofi, Journalist, Autor

Website: simonkalbermatten.ch

Motto: «Du kannst – Ende der Geschichte»

Ausbildner in: Mentales Training im Sport

Simon Kalbermatten

Erfolg beginnt im Kopf – von diesem Grundsatz ist Simon Kalbermatten überzeugt. Wer sich ein realistisches Ziel setzt und die Bereitschaft hat, seine Ressourcen dahingehend optimal einzusetzen, wird Erfolg haben. Seit mehreren Jahren staunt Simon Kalbermatten darüber, was er durch das Training von mentaler Stärke aus den Fussballteams, die er trainiert, herausholt. Dass er als Walliser an der Sport Mental Akademie in Zürich gelandet ist, entspricht keinem Zufall. Menschen faszinieren ihn seit Jahren und der Sport interessiert ihn, seit er in den Kinderschuhen steckt. Demnach will er Sportler auf dem Weg zum Erfolg begleiten und ihnen Optionen aufzeigen, wie sie das Optimum aus sich herausholen können. Sein Motto lautet: «Du kannst – Ende der Geschichte.» Bist du bereit, deine Geschichte zu schreiben?